Europas Energiemärkte müssen Zusammenwachsen

Auch beim Thema Energieversorgung kommt Europa seine Vielfältigkeit zugute. Um dieses Potenzial zu erschließen, bedarf es jedoch mehr Zusammenarbeit.
Daniel Morsey

Welche Rolle spielt die Europäische Integration im Bereich Umwelt und
Energie? Eine große! Europa selbst hat sich zum Ziel gesetzt, die
Treibhausgase deutlich zu vermindern und den Anteil erneuerbarer
Energien auf 80 Prozent zu erhöhen. Deutschland als große
Industrienation hat sich ehrgeizige Ziele gesteckt und will in einigen
Jahren aus der Atomkraft ausgestiegen sein und in einigen Jahrzehnten
den Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien herstellen. Um
diese ambitionierten Ziele zu erreichen, benötigen wir eine starke
Integration: der Energiemärkte, der politischen Ziele und der
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenarbeit.

Dabei spielen die jeweiligen Vorteile der einzelnen Länder eine große
Rolle: Es ist wirtschaftlich, Sonnenstrom in Südeuropa zu produzieren,
und Wind und Wasserstrom in Nordeuropa, wo auch die Möglichkeiten zur
großflächigen Speicherung viel größer sind. Um diese geologischen in
wirtschaftliche Vorteile zu verwandeln, müssen die Energiemärkte sehr
viel besser als bisher miteinander verzahnt werden. Auch die
politischen Ziele sind in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich.
Frankreich beispielsweise setzt noch immer wie Schweden, Finnland oder
England auf Atomkraft, Polen auf Kohlestrom. Um die ambitionierten
Ziele der EU, der „EU Roadmap 2050“, mit den hohen
Emissionsminderungszielen und dem Ausbau erneuerbarer Energien
wirklich zu erreichen, brauchen wir eines: einheitliche Ziele und eine
gute Zusammenarbeit. Die Europäische Integration. Mehr denn je.

Prof. Dr. Claudia Kemfert

Kemfert leitet seit April 2004 die Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt
am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und ist
Professorin für Energieökonomie und Nachhaltigkeit an der Hertie
School of Governance in Berlin.